Abwarten statt vorpreschen – Containerreeder und die maritime Energiewende

Tradewinds Shipowners Forum 2022 – Bilanz

Hamburg, 07.09.2022 – „Tradewinds ist das internationale Pflichtmedium der maritimen Branche und passt insofern perfekt zur SMM als Weltleitmesse“, begrüßte Bernd Aufderheide, CEO und President der Hamburg Messe, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Tradewinds Shipowners Forum im Rahmen der SMM. Dabei stehen traditionell die Reeder und deren Investitionsentscheidungen im Fokus, Wenn der Eindruck nicht täuschte, war der Konferenzsaal  sogar noch besser besucht als im Jahr 2018 bei der letzten Veranstaltung, die live stattfinden konnte. Tradewinds-Chefredakteur Julian Bray, der die SMM als „melting pot for the industry“ lobte, skizzierte zunächst das herausfordernde Umfeld aus Klimawandel, Pandemie und Krieg und startete dann ins Gespräch mit der Präsidentin des Verbands Deutsche Reeder (VDR), Dr. Gaby Bornheim. Bornheim, die auch Geschäftsführerin bei der Reederei Peter Döhle ist, wies auf die Bedeutung der Schifffahrt hin, die im Zuge der Pandemie und der Lieferkettenprobleme in ein breiteres Bewusstsein gerückt sei. „Live is nothing without shipping”, sagte Bornheim. Es gebe viel zu tun, wenn die Branche bis 2050 klimaneutral werden wolle – aber man könne das Ziel erreichen und es gebe dazu keine Alternative. Es sei aber wichtig, dass dabei alle Beteiligten zusammenarbeiteten, also auch Zulieferer, Häfen und Brennstofflieferanten: „Wir stellen ja keine Treibstoffe her, wir haben lediglich die Schiffe“, sagte Bornheim. Die Branche müsse sich außerdem anstrengen, um für gut ausgebildete Nachwuchskräfte attraktiv zu sein – auch für Frauen.

 

Session One – Von guten Absichten zu Taten: Strategie umsetzen, Ergebnisse erzielen

Im ersten Panel fragte Julian Bray einigermaßen provokativ, ob die Branche eigentlich bereit sei für die maritime Energiewende. „Diew Verbraucher wollen es, die Finanziers wollen es, die Beschäftigte wollen es auch.“ Trotzdem würde der CO2-Ausstoß der Schiffahrt 2022 wie im Vorjahr höher als 2020 ausfallen. Nun müsse man von der Intention zur Action kommen. :ØisteinH. Jensen (Chief Sustainability Officer bei der Reederei Odfjell SE), nahm  den Ball auf und sagte: „Wir sind vorbereitet.“ Man arbeite schon lange Zeit daran, die Energieeffizienz der Flotte zu verbessern und habe insgesamt mehr als 100 Retrofit-Programme mit kleineren und größeren Maßnahmen durchgeführt. Dr. Kurt Klemme Geschäftsführer der Reederei NORD, verwies auf das relativ geringe Alter der Flotte und den hohen Standard in Sachen Energieeffizienz. „Wir tun, was wir können, aber ich weiß nicht, ob wir CO2-Freiheit bis 2050 erreichen werden.“ Immerhin würden neue Reguularien wie der CII die Schiffseigner disziplinieren.   Scott Bergeron , Managing Director Global Engagement &Sustainability Commercial bei Oldendorff    Knut Ørbeck-Nilssen CEO von DNV Maritime Cristina Alexeindri (COO, Bound4Blue)  ihrer Keynote die Macht der exponentiellen .

 

Session Two – Kann der Container-Boom zu einer neuen, nachhaltigen Schifffahrt führen?

Im zweiten Panel des Tages, das mit Alexandros Karydis (Director Chartering, Hanse Bereederung), Constantin Baack (CEO, MPC Container Ships), Axel Siepmann (Global Head of Corporate Finance, BRAEMAR Corporate Finance) sowie Ulrich Paulsdorff (Geschäftsführer Atlantic Lloyd), Siemens Energy Marine) ebenfalls hochkarätig besetzt war, sprachen die Teilnehmer:innen über konkrete Maßnahmen zur Beschleunigung der Digitalisierung im Markt.

Ma Jilin, Director of Intelligent Technology and Safety Laboratory bei CSS, präsentierte in seinem Vortrag den Status Quo aus asiatischer Perspektive. „Vor 2020 hat sich der asiatische Markt wenig mit diesen Fragen beschäftigt. Die Pandemie hat aber eine regelrechte Explosion ausgelöst“, so Jilin. Dabei müsse das Rad nicht immer neu erfunden werden. Manchmal helfe auch der Blick in benachbarte Branchen wie Raumfahrt oder Automobilindustrie.

Wie stark sich die Branche in den letzten Monaten bereits entwickelt hat, zeigte auch Ludmila Seppälä, Director Business Development Marine Industry bei Cadmatic. Das Unternehmen verwendet für die Schiffskonstruktion 3D-Modelle, die als digitale Zwillinge von Schiffen fungieren. Dabei fließen die Informationen nicht nur vom digitalen Asset (3D-Modell) in die physische Welt, sondern auch zurück, wo Informationen aus der Werft und der Produktion mit dem digitalen Modell verschmelzen. „Die Benutzer können auf all diese Daten zugreifen, indem sie neueste Visualisierungstechnologie nutzen und alle benötigten Daten bei Bedarf extrahieren“, so Seppälä. Bei allen Hoffnungen, die auf Künstlicher Intelligenz liegen, betonte sie jedoch auch den Stellenwert menschlicher Intelligenz: „Wenn es um Visonen geht, kann uns KI nicht helfen. Das ist und bleibt unser Job.“

Eine Einschätzung, die auch Sean Fernback, CEO von Wärtsilä Voyage, teilt. Die maritime Branche gehöre im Branchenvergleich zu den „Digital Laggards“, den digitalen Nachzüglern. „Wir müssen als Branche besser darin werden, unser Wissen zusammenzuführen. Das würde uns allen einen zusätzlichen Push geben“, so Fernback. Die SMM sei dafür eine willkommene Gelegenheit. „Ich freue mich sehr auf die vielen Kolleg:innen, von denen ich viele hier zum ersten Mal live treffen werde. Auch diese Messe wird der Branche einen Schub geben.“

Auch Patrick Müller (Business Owner Digitalization bei Siemens Energy Marine) unterstrich den Stellenwert der SMM. „Wir reden viel über Vernetzung und Kooperation, um Digitalisierung voranzutreiben. Hier in Hamburg kann man all diese Insellösungen bestaunen, sich austauschen und direkt Verträge schließen. Genauso wie sich die Branche seit der letzten SMM modernisiert hat, wird sie es auch diesmal wieder tun.“