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„Jedes Material verhält sich anders“

Corinna Bischof ist Werkstoffexpertin bei thyssenkrupp Marine Systems. Auf dem MS&D sprach sie über die Vorteile von 3-D-Druck im Marine Schiffbau und bürokratische Hürden.

Frau Bischof, was war Ihr ungewöhnlichster Druckauftrag? Und: Welches Material ist eigentlich am schwierigsten zu drucken?

Die spannendsten Druckaufträge kommen oftmals aus dem Bereich Forschung und Entwicklung und sind dann leider dementsprechend vertraulich.

Generell lässt sich sagen, dass man z.B. im Bereich Metall mit innenliegenden Kanälen und mit bionischen Wabenstrukturen schon echt beeindruckende Bauteilideen umsetzen kann.

Mein ungewöhnlichster Auftrag bisher waren sicherlich Erdmännchen, welche als Pokale für einen Wettbewerb zum Thema Health&Safety dienten – die hatten zur Abwechslung mal überhaupt nichts mit technischen Bauteilen zu tun.

Jedes Material verhält sich natürlich anders beim Druck und hat seine eigenen Stärken und Schwächen, das macht das Thema ja so interessant. Ich möchte jetzt natürlich keine Werkstoffgruppe diskriminieren, aber Nickelbasiswerkstoffe beispielsweise sind eine gute Möglichkeit, um sich ein wenig herauszufordern.

3-D-Druck vs. Additive Manufacturing: Gibt es da einen Unterschied?

Der Begriff „3-D-Druck“ ist einer breiten Öffentlichkeit mittlerweile geläufig, das merkt man immer wieder – auch im Bekanntenkreis.

Beim Fachbegriff „Additive Manufacturing“ blickt man oft in fragende Gesichter, auch wenn er im Grunde dieselbe Gruppe von Fertigungstechnologien beschreibt.

Was sind die großen Vorteile des Verfahrens im Vergleich zur herkömmlichen Herstellung? Lassen sich z.B. auch Ersatzteile an Bord drucken?

Der größte Vorteil besteht in den enormen geometrischen Freiheiten, die das Verfahren bietet. Da hat man es mit ganz neuen konstruktiven Möglichkeiten zu tun und kann Ideen umsetzen, die mit anderen Verfahren nicht machbar wären. Zugleich kann man mit ein- und demselben Drucker völlig unterschiedliche Bauteile fertigen, solange man genügend Rohmaterial vor Ort hat.

Dies macht das Verfahren natürlich auch für eine Ersatzteilfertigung vor Ort sehr attraktiv. Der Druck von Ersatzteilen an Bord ist dabei natürlich die Königsdisziplin und wurde von thyssenkrupp Marine Systems auch schon versuchsweise intern auf dem unternehmenseigenen Schiff „Herkules“ erprobt.

Was ist bei beim Komponentendruck für Marine-Schiffe anders/besonders?

Im Vergleich zu manch anderer Branche unterliegt der Marine-Schiffbau besonders strikten Anforderungen. Hier werden die Materialeigenschaften und die gesamte restliche Prozesskette sehr gründlich angeschaut, bevor ein Bauteil als ausfallsicher gilt und mit an Bord darf. Im Bereich Zertifizierung von 3D-gedruckten Bauteilen gilt thyssenkrupp Marine Systems – u.a. dank der weltweit ersten DNVGL-Herstellerzulassung für additiv gefertigte Bauteile im maritimen Sektor - als Vorreiter, das Thema wird von vielen Kollegen aktiv vorangetrieben. Doch auch wir stolpern gelegentlich über offizielle Normen und Standards, die für konventionelle Bauteile gang und gäbe sind, für additiv gefertigte Bauteile jedoch noch nicht verfügbar.

Außerdem fällt auf, dass die Aufgabenstellungen im Marineschiffbau oftmals sehr komplex sind und sich hinter vielen Bauteilen ein ganzes Team aus den unterschiedlichsten Fachdisziplinen verbirgt.

 

Sehen Sie hier die Aufzeichnung des Vortrags